Sorben fordern Anerkennung als indigenes Volk
Noch vier Tage haben die Bundesregierung und Landesregierungen Zeit, um zu reagieren. Dann läuft das Ultimatum des demokratisch gewählten sorbischen Parlaments ab. Der Serbski Sejm fordert die Anerkennung der Indigenität des sorbischen Volkes und das Ende der Gesprächsblockaden seitens der Regierungsverantwortlichen, wie bspw. explizit auf den Sejm bezogen vom Europarat gefordert. Seit Jahrhunderten in der Lausitz angesiedelt, mit eigener Sprache und eigenen Traditionen, erfüllen die Sorben die Voraussetzungen der von der Bundesrepublik ratifizierten ILO-Konvention 169 der UN (International Labour Organization/Übereinkommen über indigene Völker), sind aber bis heute nicht als indigenes Volk anerkannt. Stattdessen werden die dem sorbischen Volk daraus erwachsenen Rechte geflissentlich ignoriert – genauso wie die Zuarbeiten zur Lage des sorbischen Volkes im „Sorbenbericht der Staatsregierung Sachsens“. Dieser wird vom Serbski Sejm scharf kritisiert.
Die sorbische Volksvertretung stellte als Zeichen, dass dieser unhaltbare Zustand nicht länger hinnehmbar sei, auf der Landespressekonferenz in Dresden am am 21.03.2023 ein Ultimatum an die Bundesregierung und die Landesregierungen von Sachsen und Brandenburg. Während das öffentliche Aufsehen mit einem breiten bundesweiten Presseinteresse groß war, gab es von Seiten der Politik bisher keinerlei Resonanz. In vier Tagen, am 23.06.2023, läuft die Frist ab. Der Ernst der Forderung, dass der Staat das in Deutschland lebende indigene Volk der Sorben anerkennt und die aus der ILO 169 zufließenden Rechte gewährt, scheint weder in Berlin noch in Dresden und Potsdam erkannt worden zu sein. Der Druck auf die Regierungen wächst.
Was werden die Volksvertreter machen?
Wenn das Ultimatum an die Regierung zu kurzfristigen Verhandlungen verstreicht, sieht das sorbische Parlament sich gezwungen, seine Rechte auf internationaler Ebene einzufordern – auf die Gefahr hin, dass das Regierungshandeln der bundesdeutschen Reputation bezüglich der Achtung von Menschen- und Völkerrechten massiv schadet. Mit einem hochkarätigen britischen Anwaltskollegium aus renommierten und erfahrenen Völkerrechtlern werden daher seit Wochen die Schritte für eine innerdeutsche und internationale Klage in Brüssel vorbereitet.
Kann es sich die Bundesrepublik leisten, einem seit Jahrhunderten angesiedelten Volk seine Rechte zu verweigern? Dazu ist eine bundesweite Pressekonferenz Anfang Juli in Berlin geplant.
Hintergrund:
Das sorbische Volk kam vor rund 1.500 Jahren ins Gebiet der Lausitz, in der heute rund 60.000 Sorben leben. Der Serbski Sejm, die erste 2018 aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangene Parlament der Sorben in Deutschland, arbeitet politisch auf der Grundlage von Grundgesetz und Internationalem Recht und nach dem Konsensprinzip. Der Sejm besteht aus 24 ehrenamtlichen Abgeordneten und tagt regelmäßig an wechselnden Orten in der Lausitz. Sämtliche Beschlüsse und Protokolle sind frei zugänglich unter www.dokumenty.serbskisejm.de.