Domowina-Vorstand verweigert sich erneut den Gesprächsangeboten der Sejm-Initiative
In direkten Schreiben an die Mitgliedsvereine und den Vorstand des Domowina e.V. sowie öffentlich in den Serbske Nowiny hatte die „Initiative für eine demokratisch legitimierte Volksvertretung der Sorben/Wenden - Serbski Sejm“ Mitte Februar mit konkreten Terminvorschlägen zu einem öffentlichen Gespräch über die zum Erhalt der kulturellen Identität des sorbischen/wendischen Volkes zentralen Zukunftsaufgaben und die dafür erforderlichen politischen Kompetenzen eingeladen. Das jetzige Gesprächsangebot erfolgte in der Annahme, dass angesichts sich verschärfender Sachprobleme die konstruktive Verständigung auf eine allseits akzeptierte und politisch handlungsfähige Vertretung im Interesse aller wohlmeinenden Sorben liegen sollte. Das Gesprächsangebot verhallte bislang jedoch ohne Antwort. Auf Nachfrage heißt es inoffiziell aber bereits erneut, man wolle ein Gespräch nicht führen. Damit setzt der Verbandsvorstand seine Obstruktionsstrategie der vergangenen fünf Jahre fort.
„Man muss leider davon ausgehen, dass dem Domowina-Vorstand durchaus bewusst ist, wie anachronistisch, demokratisch unhaltbar und für die Interessen des sorbischen/wendischen Volkes objektiv schädlich der aus DDR-Zeit herrührende Alleinvertretungsanspruch des Domowina-Vereins ist. Jede öffentliche Diskussion droht, das Fehlen demokratischer Legitimität, Defizite an Lösungskompetenz und Erneuerungsfähigkeit - trotz jugendlicher Gesichter - , wie auch die eigene Mitursächlichkeit an den seit 1990 entstandenen Problemen zu thematisieren und damit potentiell materielle Privilegien einer überschaubaren Anzahl von persönlich profitierenden Funktionären in Frage stellen." so Martin Walde, oberlausitzer Sprecher der Initiative. Die immer wieder öffentlich behauptete, jedoch nicht eingelöste Gesprächsbereitschaft des Vorstands ist somit eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit, im Versuch den aus Verbandssicht vorteilhaften Status quo durch Nichtkommunikation zu konservieren („die Sorben müssen sich erst mal selber einigen“). Dass der Verband damit der staatlichen Seite eine Auseinandersetzung mit legitimen, möglicherweise auch weitergehenden Sachforderungen, die das sorbische/wendische Volk für sein kulturelles Überleben als notwendig erachtet, erspart, wird billigend in Kauf genommen.
Die Initiative geht daher unbeirrt den Weg zu demokratischen Wahlen weiter. Im April wird in einer Generalklausur der weitere Fahrplan für 2017 festgelegt. Natürlich bleibt die Tür für alle bekennenden Sorben offen, sich aktiv oder passiv an den Wahlen zu beteiligen, und die eigenen Anliegen im demokratischen Prozess zu vertreten. Auch in der Zukunft wird Platz für einen traditionsreichen, attraktiven und wirkungsvollen Kulturdachverband sein. Wir würden es daher ausdrücklich bedauern, wenn der Domowina-Verband, der manchem Sorben noch eine emotionale Heimat bietet, sich - aufgrund kurzsichtiger, rücksichtslos verfolgter Eigeninteressen - für eine zukünftige Zusammenarbeit im Rahmen einer sorbischen Zivilgesellschaft moralisch vollständig disqualifizieren würde.
Der von der Initiative veranstaltete 1. sorbische/wendische Bildungsgipfel am 14.01.17 in Bautzen hatte erstmals einer breiteren Öffentlichkeit die problematische Entwicklung des sorbischen Bildungswesens seit 1990 und damit verbunden den dramatischen Rückgang sorbisch muttersprachlicher Kinder umfassend thematisiert, der mittelfristig die sorbische/wendische Kultur insgesamt bedroht. Vielversprechende, auf dem Gipfel entwickelte Vorschläge zur Überwindung der strukturellen Ursachen dieses schleichenden Unterganges der sorbischen/wendischen Alltagskultur können - entsprechend den deutschen Verfassungsprinzipien - auf staatlicher Ebene wirksam allein von einer demokratisch legitimierten Vertretung des sorbischen/wendischen Volkes verhandelt werden.